Bewertung der Erkenntnisse aus den Quellen bis jetzt

Bis jetzt habe ich hauptsächlich drei Arten von Quellen gelesen.

  1. Die Berichte der Mainzer Zentraluntersuchungskommission und andere Untersuchungen in Verbindung mit dem Mord an Staatsrat Kotzebue im Jahre 1819
  2. Briefe und Erinnerungen der Darmstädter Schwarzen
  3. Sogenannten „Hessen-Darmstädtische Actenstücke, die Einführung einer ächten landständischen Verfassung betreffend“ aus 1819. Das sind die Beschlüsse, Protokolle und Bittschriften aus den Verfassungs-Versammlungen im Frühjahr 1819

Viel zu finden in diesen Quellen sind die Namen der handelnden Personen. Bei den Personen, wo Briefe und „Tagebücher“ vorhanden sind, gibt es dazu auch noch allgemeine Informationen über ihre Person, wie Geburtsdatum oder Alter, Beruf, Schulzeit, Studium, Militärdienst, Familienstand und Wohnorte.

Es dürfte möglich sein, ein Bild zu machen, welche Namen am häufigsten auftauchen und welche Verbindungen zwischen den Personen erkennbar ist. Die Stärke diese Verbindung lässt sich möglicherweise messen, indem man zählt, wie oft die Namen zusammen vorkommen.

Die Briefe und weiteren Erinnerungen entstanden überwiegend vierzig bis fünfzig Jahre nach der Zeit, als sie sich für eine Verfassung einsetzten. Das ist nach der „Deutsche Revolution von 1848“ und die liberale und nationale Bestrebungen in der Paulskirche in Frankfurt am Main eine vereintes Deutschland zu erwirken. In dieser Zeit festigte Preußen seine Vorherrschaft im Deutschen Bund, auf dem Weg zur Reichsgründung 1871. Möglicherweise verfälscht dieser Zeitabstand die wahren Gegebenheiten und Gedanken über die Jahre 1815 bis 1820. Die Fakten, wie Schul- und Studienzeit, Militärdienst und Berufsaufnahme, bleiben jedoch nützlich.

Es scheint, dass die Untersuchungen nach dem Attentat an Kotzebue in ungefähr drei Phasen stattgefunden haben. Direkt nach der Tat im April 1819 führten die Behörden die ersten Vernehmungen durch. Diese waren relativ kurz und erfolgte, soweit ich das beurteilen kann, ohne Beschlagnahmung von Papiere oder anderen Gegenständen. Dies geschah ungefähr 3 Monate später nach dem Attentat auf Staatsrat Ibell im Juli 1819. Ibells Attentäter Löning war noch enger mit den Personen aus dem Kreise der Darmstädter Schwarzen in Verbindung. Die dritte Phase kam nach dem Aufstand und Steuerverweigerung im September 1819, die gleichzeitig mit den Karlsbader Beschlüsse und der Einrichtung der Mainzer Zentraluntersuchungskommission stattfanden.

In der ersten Phase gibt es hauptsächlich Informationen über die Verbindung der verschiedenen Personen zueinander und was kurz vor dem Attentat auf Kotzebue ereignete. Interessanter sind die Dokumente, die die Behörden in der zweiten Phase beschlagnahmten. Hier finden wir Entwürfe für Texte, die einzelnen Schwarzen für die Bestrebungen der Personen schrieben. In den Unterlagen dabei sind auch Briefe oder Briefentwürfe, die zwischen den handelnden Personen geschrieben würden. Leider sind diese zum Teil schwer leserlich, erlauben aber direkte Rückschlüsse über ihre Ansichten und Handlungen. Die Berichte der Zentraluntersuchungskommission bieten einen Überblick über die Handlungen der Schwarzen aus Sicht der Behörden. Sie bringen Informationen zusammen, die im Laufe der Ermittlungen gefunden wurden. Dazu gehören Verhörprotokolle, beschlagnahmte Papiere und weitere Informationen über die Versammlungen und Handlungen der beteiligten Personen. Interpretationen bleiben in den Berichten überwiegend aus. Sie dienen eher eine beschreibende Funktion.

Inhaltlich bieten die „Actenstücke“ die Argumente der Verfassungsverfechter und eine Zeitliche Abfolge ihre Handlungen. Die Protokolle und Schriften nennen auch die Redner und gewählte Ausschussmitglieder. Sie beschreiben die Handlungen der aktiven Personen und geben Hinweise über die Reaktionen des Großherzogs und seine Regierungsmitglieder. Obwohl die Versammlungen und die daraus entstandenen „Actenstücke“ genau zu der Zeit als die Attentate stattgefunden haben, tauchen Informationen über diese Handlungen nicht auf. Die Ausschussmitglieder reichen Beschwerden gegen die Versammlungs- und weitere Verbote, die der Großherzog nach dem Attentat auf Kotzebue erlassen hat.

Es existieren noch weitere Verhörprotokolle aus dem April 1819. Es gibt auch eine Sammlung von Leutnant Schulz‘ Gedichte, Briefe und satirische Schriften, die möglicherweise wie die Briefe von Heinrich Karl Hofmann als Grundlage für den Beitrag im Jubiläumsband des Darmstädter Gymnasiums dienen. Auch die militärischen Untersuchungen gegen Schulz enthalten möglicherweise wichtige Informationen über seine Handlungen und Motiven. Eine letzte interessante Quelle sind die Briefe des Gießener Professors Friedrich Gottlieb Welcker aus 1815 und 1816. Bevor ich einen weiteren Versuch wage, das Kapitel über die Schwarzen neu zu schreiben, möchte ich diese Quellen auch noch auswerten. Bis zum Sommer sollte das möglich sein.